09. 03. 2010

Netnographie - Die Zukunft der Marktforschung?

Web

Netnographie, so lautet die wohlklingende und vielversprechende Fusion der Begriffe Ethnographie und Internet. Gemeint ist die Übertragung ethnographischer Methoden auf das Internet, genauer gesagt die Beobachtung des Verhaltens von Gruppen oder einzelner Mitglieder in Online Communities.

Entstanden ist die Methode aufgrund der rasanten Entwicklung des Internets in Richtung “social web” und den damit einhergehenden Zuwachsraten sozialer Netzwerke wie Xing, Stayfriends oder auch StudiVZ. Facebook gelang im letzten Jahr sogar die Verdopplung seiner Nutzerzahlen auf inzwischen über 400 Millionen.

Wodurch entsteht nun aber der Wert von Communities, Blogs, Microblogs & Co. für die Marktforschung?

Es ist ganz einfach, dank Social Media d.h. sozialer Netzwerke und Netzgemeinschaften zum gegenseitigen Austausch, findet Meinungsbildung zunehmend online statt. Menschen teilen sich mit, tauschen Erfahrungen aus, reden über ihre Wünsche und Bedürfnisse, suchen Rat, bewerten Produkte u.v.m. und was noch wichtiger ist, es geschieht täglich, millionenfach.

Das Internet bietet uns damit also die Möglichkeit reichhaltige Informationen zu unzähligen Themen sowohl vom Durchschnittsnutzer als auch vom Experten zu finden und genau daraus ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für die qualitative Forschung.

Vor dem praktischen Einsatz muss natürlich jeweils analysiert werden, inwiefern Netnographie als Erhebungsmethode überhaupt geeignet ist, oder ob eine Ergänzung durch andere Methoden notwendig bzw. sinnvoll ist. Dazu müssen die Vor- und Nachteile, für das jeweilige Projekt detailliert betrachtet werden. An dieser Stelle kann lediglich eine kurze, allgemeine Übersicht dargestellt werden.

Der Vorteil gegenüber der klassischen qualitativen Forschung, insbesondere gegenüber Face-to-Face Interviews liegt darin, dass mit verhältnismäßig geringem Kosten- und Zeitaufwand Informationen mit hohem Informationsgehalt und großer Fallzahl erhoben werden können. Zudem sind die Informationen immer aktuell (Echtzeitforschung) und durch die verdeckte Beobachtung frei von Beeinflussungen durch den Interviewer.

Demgegenüber ist jedoch einzuwenden, dass es nicht einfach ist online eine konstruktive Diskussion zu führen. Die Gesprächspartner sind häufig anonym und die gefundenen Meinungen eher zufällig. Zudem halten sich bestimmte Zielgruppen nicht im Internet auf bzw. sind keine aktiven Mitglieder in Online Communities.

Marktforschung im Netz hat also seine Grenzen. Sie kann weder die Methode des qualitativen Interviews noch die Online-Befragung ersetzen, sie kann jedoch eine sinnvolle Bereicherung darstellen und bezogen auf bestimmte Zielgruppen bevorzugt eingesetzt werden.

Ein Beispiel für die praktische Anwendung sind die “Panel Communities” von Questback (ehem. Globalpark).

Sie stellen eine Kombination aus qualitativer und quantitativer Forschung dar, indem die klassische standardisierte Online-Befragung durch Blogs, Foren und Chats in denen sich Kunden über Unternehmen und Produkte austauschen, ergänzt wird. Dadurch wird wertvolles Insiderwissen wie Wünsche und Bedürfnisse der Kunden aber auch neue Ideen generiert. Unternehmen haben dadurch die Möglichkeit sich ein umfangreiches Kundenverständnis anzueignen, die Kundenbindung zu erhöhen und ihren Erfolg zu steigern.

Das Potenzial dieses Forschungsansatzes ist unbestreitbar, auch wenn sich die Methodik gerade erst entwickelt. Ein spannendes Thema mit dem sich auch D-LABS zukünftig beschäftigen wird.

von Julia Passarge
D-LABS Alumni

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