24. 10. 2016

Vernachlässigte Aspekte der agilen Transformation

Vortrag von Jörn Hartwig im Rahmen der Veranstaltung „Führung und Management in der agilen Welt – Erfahrungen und Spannungsfelder“, veranstaltet von dem SIBB Forum Digital Business und dem Forum Human Resources.

Wenn man die Frage stellt, was agil ist, dann erhält man in den unterschiedlichsten Umfeldern unterschiedliche Antworten. Große Firmen mit konventionellen Hierarchien tuen sich zum Teil schwer, agile Arbeitsweise erfolgreich zu etablieren. So erklärte mir ein Projektleiter aus einem solchen Großkonzern: „Agil ist bei uns, wenn der Chef auch während des Projektes immer noch alles wieder ändern darf“. Diese Definition von „agil“ ist natürlich etwas von der Intention entfernt, die dahintersteht. Echte agile Projekte zeichnen sich zwar durch hohe Flexibilität aus, doch die Schritte bauen zielführend aufeinander auf.

Bei der herkömmlichen Entwicklung nach dem Wasserfallmodell bleiben Planung und Ziel über lange Zeit stabil. Das Pflichtenheft wird aufwendig und detailliert entwickelt. In den einzelnen Projektschritten wird dann über einen längeren Zeitraum auf das gewünschte Ziel hingearbeitet. Statt der aufwendigen Planung am Anfang eines Projektes in der herkömmlichen Entwicklung, wird bei der agilen Entwicklung laufend weiter geplant. Die agile Entwicklung arbeitet in inkrementellen Zyklen, in denen jeweils die Entwicklungsrichtung aufgrund der gemachten Erfahrungen neu ausgerichtet werden kann. Mit jeder Iteration wird das Entwicklungsprojekt wieder zum Ziel ausgerichtet.

Doch was bedeutet das für die Organisation in der agilen Welt? Das lässt sich am Beispiel meines Hausbaus schön darstellen. Wir haben zunächst nur grundlegende Parameter wie den Grundriss festgelegt. Alle übrigen Baumaßnahmen haben wir agil geplant. In einem Punkt kam es jedoch zu einem Missverständnis: Es wurden im Bad aus praktischen Gründen die Positionen für Toilette und Dusche vertauscht. Der Elektriker meinte die gewünschte Steckdose möglichst weit von der Dusche entfernt angebracht zu haben – wodurch sie tatsächlich direkt innerhalb der Dusche platziert wurde. Hier fehlte die Kommunikation im Projektteam. In herkömmlichen Projekten geht die Entscheidungsgewalt vom Kopf aus, also dem Projektleiter. Anders bei agilen Projekten – hier ist die Kommunikation des Teams von entscheidender Bedeutung. Noch wichtiger ist es jedoch, dass alle Projektteilnehmer zunächst die Notwenigkeit der Kommunikation verstehen.

Ein weiteres Beispiel kenne ich von einem großen Softwareunternehmen. Hier mussten vor einiger Zeit alle Mitarbeiter eine Design Thinking-Schulung absolvieren. Das hatte einen unerwarteten Effekt: Durch die Schulung verbesserte sich merklich die interne Kommunikation und Zusammenarbeit. Innerhalb der interdisziplinär zusammengestellten Schulungsgruppe lernten sich nämlich die Menschen aus verschiedenen Abteilungen kennen und schätzen. Das führte zu neuen Strukturen, die die herkömmlichen Prozesse zum Teil umgehen, indem ein bekannter Experte aus einer anderen Abteilung direkt befragt wird. Diese informelle Kommunikation bedeutet gleichzeitig eine Abkehr von der Silomentalität und eine Hinwendung zu agileren Arbeitsweisen.

Allgemein rate ich, beim Schritt zur agilen Entwicklung vorhandenes Knowhow mitzunehmen – und zu agil zu erweitern. Das geschieht mit Hilfe von Kommunikation. Dabei spielt die Empathie der Teilnehmer eine große Rolle. Man kennt sich, man schätzt die Qualifikation des anderen, so dass ein echter bidirektionaler Austausch entstehen kann. Die Kommunikation ist der Schlüssel für die agile Transformation.

Über Jörn Hartwig
Jörn Hartwig ist Geschäftsführer und Mitbegründer der D-LABS GmbH in Potsdam. Er studierte Software Systems Engineering am Hasso Plattner Institut in Potsdam und Software Information Engineering an der technischen Universität Wien. Vor seinem Einstieg bei D-LABS war er für zahlreiche nationale und internationale Unternehmen wie eBay, SAP, Siemens und Texas Instruments tätig.

von Irina Leichsenring
Marketing

Kontakt

D‑LABS GmbH
info@d-labs.com
Marlene-Dietrich-Allee 15
14482 Potsdam
+49 331 97 992 300
potsdam@d-labs.com
Matkowskystraße 2
10245 Berlin
+49 30 29 387 978
berlin@d-labs.com
Königstraße 21
70173 Stuttgart
+49 711 99 796 266
stuttgart@d-labs.com