08. 12. 2016

Prototypen als Kommunikationsmittel

In diesem Blogartikel soll um einen Aspekt von Prototypen gehen, der gleichsam jedoch der wichtigste ist – Kommunikation. Kommunikation ist in der grundlegendsten Definition die Vermittlung von Informationen zwischen einem Sender und einem Empfänger. Prototypen sind unfertige Repräsentationen von Endprodukten mit deren Hilfe man Ideen und Konzepte mit anderen evaluieren kann. Bezogen auf Prototypen ist Kommunikation somit die Vermittlung von Ideen und Konzepten zwischen jemandem, der selbige erdacht oder erstellt hat (z.B. einem Designer) und jemandem, der sie verstehen und nachvollziehen können soll (z.B. einem Nutzer). Dahingehend werden Prototypen vor allem für die Feedbackgenerierung erstellt; erst die visuelle Aufbereitung garantiert eine erfolgreiche und möglichst umfassende Kommunikation.

Ob als schnell angefertigte Handzeichnung oder als elaboriert ausgearbeiteter Klick-Dummy – die Anfertigung von Prototypen lohnt sich in nahezu allen Projekten. Vor allem in einem komplexen Umfeld, wie in unserem Fall die Softwarekonzeption und -entwicklung im B2B-Bereich, ist es von noch größerer Bedeutung, Konzepte möglichst präzise zu vermitteln, um ihre Bewertung und Weiterentwicklung zu ermöglichen. So ermöglicht es oft erst ein Prototyp, der einen bestimmten Arbeitsprozess wiederspiegelt, Feedback zur Passung von Arbeitsprozess und angestrebter Funktionsweise zu generieren. Um solcherlei fundamentales Feedback zu ermöglichen, müssen nicht Wochen und Monate in die Erstellung eines komplett ausgestalteten Prototypen fließen; immerhin geht es nur darum zu erheben, ob Prozesse und Funktionen zusammen passen, nicht ob den Nutzern die Farbe der Buttons gefällt.

Eine solche Herangehensweise impliziert die selektive Ausgestaltung von Prototypen. Im Rahmen des an dieser Stelle vorgestellten Paradigmas der Prototypen als Kommunikationsmittel werden selbige mit einem bestimmten Ziel erstellt – nämlich der Kommunikation einzelner Aspekte. So richtet sich die Art der Ausgestaltung eines Prototyps stets nach den Erkenntnissen, die man gewinnen möchte. Möchte man zum Beispiel herausfinden, ob die angestrebte visuelle Gestaltung eines Endproduktes den Anforderungen (und natürlich auch Einschränkungen) der Nutzer entspricht, bietet es sich an, eine Stichprobe möglichst unterschiedlicher Screens zu gestalten. So werden nicht nur etwaige gestalterische Schwächen verschiedener Systemzustände aufgedeckt; man spart sich auch das mühsame Designen nur unwesentlich unterschiedlicher Screens. Liegt das Erkenntnisinteresse hingegen auf Flow und Interaktivität, lohnt es sich einen Klick-Dummy zu erstellen. Dieser sollte jedoch, um die Aufwände gering zu halten, visuell eher sparsam ausgestaltet sein. In der Praxis hat es sich bewährt, lediglich jene Screenelemente visuell auszugestalten, die für den Flow wesentlich sind.

In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass mit dem Aspekt der Kommunikation auch der Aspekt der Wirtschaftlichkeit einhergeht. Der Sinn eines Prototyps hört nämlich dann auf, wenn er derart elaboriert ist, dass er dem Endprodukt nahezu gleicht. Dahingehend sollte im Vorfeld der Prototypengestaltung festgelegt werden, welches Anwendungsszenario mit dem Prototypen abgebildet werden soll, was man herausfinden möchte und welcher Grad der Ausgestaltung dafür benötigt wird. Jegliches Design, welches über die gestalterischen Notwendigkeiten hinausgeht, ist vermeidbarer Mehraufwand und wirkt sich im schlimmsten Fall negativ auf das Validität des Feedbacks aus (z.B. übersehen Probanden bei zu vielen visuellen Finessen gerne die Mängel im Flow eines Prototyps).

Die Gestaltung eines Prototyps sollte sich demgemäß auch nach der jeweiligen Projektphase richten; so macht es in frühen Projektphasen mit weniger ausgereiften Konzepten mehr Sinn, diese in geringerer Detailfülle zu erstellen, um den Blick auf das eigentliche, dem Prototypen zugrundeliegende Konzept nicht zu verstellen. Durch die schnelle und detailreduzierte Anfertigung von ersten Konzepten wird nicht nur verhindert, dass man sich in sein Konzept durch übermäßige Hingabe „verliebt“, sondern auch kritischeres Feedback ermöglicht. Durch das unfertige Aussehen des Prototyps wird die Problematik der „sozialen Erwünschtheit“ auf Seiten der Probanden umgangen. Der Testteilnehmer kann leichter kritisches Feedback geben, da er vermutet, dass noch nicht allzu viel Arbeit in den Prototypen geflossen ist und er mit seinen Anmerkungen niemandem „auf den Schlips tritt“. Erfahrungsgemäß ist dies vor allem bei handgezeichneten Papier-Prototypen der Fall. Hat sich das Konzept in einer ersten Iteration bewährt, sollte über eine Erweiterung des abgebildeten Anwendungsszenarios und des simulierten Funktionsumfangs sowie die Umsetzung des Prototyps in einem digitalen Medium nachgedacht werden.

Zusammenfassend sollten dahingehend am Anfang eines jeden Prototyps folgende Fragen im Projektteam beantwortet werden:

  • Welches Anwendungsszenario wollen wir im Prototyp abbilden?
  • Was möchten wir mit dem Prototyp herausfinden?
  • Welche Ressourcen stehen uns zur Verfügung (Personal und Zeit)?
  • Welches Medium macht in der aktuellen Projektphase Sinn (Papier vs. Digital)?

Durch die Beantwortung dieser Fragen erleichtert man sich die Entscheidungsfindung für das weitere Arbeiten mit Prototypen ungemein. In diesem Zusammenhang sei abschließend angemerkt, dass sich, egal wie erfahren oder unerfahren man in der Anwendung von Prototypen ist, die Arbeit mit selbigen stets auszahlt. Das oben genannte primäre Ziel wird nämlich immer erreicht; durch die Kommunikation mit Prototypen bekommt man Feedback, welches man in die Verbesserung seines Konzeptes investieren kann. Insofern trägt jeder Prototyp einen kleinen Teil zur nutzerfreundlicheren Gestaltung interaktiver System bei.

Georg Eichhorn
von Georg Eichhorn
User Research

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