02. 09. 2015

Customer Journey Map als Türöffner zur wahren Nutzerorientierung

Immer mehr Unternehmen erkennen, dass eine Verlagerung von einem produktorientierten hin zu einem kundenorientierten Geschäftsmodell notwendig ist, um langfristig auf dem Markt erfolgreich zu bleiben. Dies ist erforderlich, da vor allem der Anwender über den Wert eines Produktes entscheidet. Von dessen Erfahrung mit selbigen hängt es ab, ob und wie häufig das Produkt bzw. weitere Produkte des Unternehmens erworben und genutzt werden.

Eine durchgehend positive User Experience zu bieten muss daher das Ziel jedes Unternehmens sein. Das gilt für ein Produkt aus dem Consumer-Bereich, für Business-Lösungen, aber insbesondere für Services.

Doch was genau ist eine durchgehen positive User Experience? Reichen dafür ein nutzerfreundlich gestaltetes Produkt und ein zuvorkommender Call-Center-Service?

Unternehmen denken oft zu stark im Rahmen ihrer internen Unternehmensstrukturen, die für die User Experience der Anwender normalerweise nicht relevant sind. Das Optimieren einzelner Services (wie der Qualität der Hotline) führt daher nicht immer zu erwünschten Resultaten im Hinblick auf die Verbesserung der User Experience.

Was kann für eine positive Beziehung zum Anwender getan werden?

Die (Neu-)Gestaltung einer positiven Beziehung zum Anwender ist ein mehrstufiger Prozess und sollte im Unternehmen als strategisches Management betrachtet werden. Oft ist sogar eine Neuausrichtung der internen Prozesse im Unternehmen notwendig, um die Bedürfnisse der Anwender besser befriedigen zu können.

Am Anfang des Prozesses steht das Verstehen des Status Quo aus Sicht der Anwender:

  • Welche Erfahrungen haben Anwender mit dem Produkt / Unternehmen in welchen Situationen gemacht? Wie bewerten die Anwender die Nutzerorientierung des Unternehmens?
  • Welche Bedürfnisse und Anforderungen haben die Zielgruppen?
  • An welchen Schnittstellen kommen Anwender in Kontakt mit dem Produkt / Unternehmen? Wie bewerten sie die Übergänge zwischen den Kundenschnittstellen?

Die Beantwortung solcher und ähnlicher Fragen hilft zu erkennen, wo genau und welche Art von Handlungsbedarf Richtung Nutzerorientierung besteht. Die Sicht der realen und der potenziellen Anwender ist oft ein Augenöffner, da sich diese Sicht normalerweise vom unternehmensinternen Denken unterscheidet.

In diesem Beitrag möchten wir ein Instrument für die Erfassung des Status Quo aus der Sicht der Anwender vorstellen – die Customer Journey Map (dt.: die Karte der Kundenreise).

Was genau ist eine Customer Journey Map?

Mit Hilfe der Customer Journey kann die komplette User Experience der Anwender vom ersten bis zum letzten Kontakt mit dem Unternehmen und dem Produkt als eine Art Reise erfasst werden. Je nach Interaktionsschritt des Anwenders erfasst D-LABS folgende Elemente:

  • Touchpoints / Kundenschnittstellen: Tools (z.B. eine Webseite), Menschen (z.B. Vertriebsmitarbeiter), Dokumente (z.B. Flyer) und / oder physische Räume (z.B. Service Filialen)
  • Kundenverhalten: Handlungen des Anwenders (z.B. das Aufrufen einer Webseite) und die dabei abgegebene Äußerungen
  • Erlebnissignale: Funktionale, physische und/oder menschliche Signale, die Anwender in der Interaktion wahrnehmen
  • Pains & Gains: Faktoren, die bei einem Anwender Zufriedenheit auslösen bzw. die ihn sogar begeistern (Gains) und Faktoren, die den Nutzer auf dem Weg zum Ziel behindern (Pains)
  • Emotionen: Emotionale Reaktionen auf Erlebnissignale, Touchpoints etc.

Das Besondere an der Customer Journey Map ist: Alle erfassten Informationen werden grafisch in einem Dokument – einer Map – zusammengefasst, was das Gesamtbild der User Experience besonders plastisch darstellt. Dabei nutzt D-LABS keine festgelegte visuelle Form, sondern passt das Format flexibel an die Branche, das Produkt bzw. die Detailtiefe an. Aufgrund der Detailfülle eignet sich als Endprodukt z.B. ein A1/ A2-Poster, das die Key Ergebnisse und die Sicht der Nutzer auf einen Blick darstellt.

Um unterschiedliche Bedürfnisse, Anforderungen und die damit zusammenhängenden Erlebnisse unterschiedlicher Zielgruppen nicht zu vermischen, ist es sinnvoll eine eigene Map für jede Zielgruppe zu erstellen. Dafür eignen sich Personas (Prototypen für Gruppen von Anwendern mit konkret ausgeprägten Eigenschaften und einem konkreten Nutzungsverhalten) gut, da mit Hilfe dieser die „Reise“ der Zielgruppen besonders anschaulich wird.
Es kann sich zusätzlich lohnen im Vorfeld der Customer Journey Map die unternehmensinterne Sicht auf die Interaktionsqualität zu erfassen, um Abweichungen zur Sicht der Anwender besonders zu verdeutlichen.

Das folgende Beispiel zeigt einen Ausschnitt aus einer Customer Journey für einen Reiseanbieter (Bild 1). Der Reiseanbieter bietet seinen Kunden mehrere Interaktionsmöglichkeiten (potenzielle Touchpoints): Er hat eine umfassende Webseite, kommuniziert besonders attraktive Angebote über Social Media, und betreibt eine 24h-Hotline zur direkten Kontaktaufnahme. Die Customer Journey wurde in vier Haupt-Interaktionsschritte unterteilt. Die für das Beispiel gewählte Zielgruppe – hier dargestellt durch Persona Tanja (16) – ist die der zeitlich flexiblen jungen Menschen, denen nicht das Reiseziel, sondern v.a. der Preis wichtig sind. Aus Platzgründen werden nur die Erlebnisse beim ersten Interaktionsschritt (aktuelle Angebote ansehen) beim Touchpoint Social Media dargestellt.

CJM beispiel tanja

Bild 1: Customer Journey Map - ein Beispiel [Ausschnitt]

Die Zielgruppe der jungen Menschen bewertet die Informationsdarstellung in Social Media demnach als sehr gut. An dieser Stelle besteht also kein Handlungsbedarf. Der Übergang zum weiteren Interaktionsschritt – Preise und Konditionen analysieren (via Touchpoint Hotline) – funktioniert jedoch nicht reibungslos. Das erzeugt negative Emotionen, was im nächsten Schritt zum Abbruch der Interaktion führen kann. Es wird deutlich, dass die Übergänge zwischen Touchpoints Social Media und Hotline optimiert werden sollten.

Und abschließend…

Eine Customer Journey Map ist ein mächtiges Tool zur Erforschung der Nutzerbedürfnisse, zur Analyse der Abweichungen zwischen der eigenen und der Kundenwahrnehmung und zur Kommunikation der Nutzeranforderungen innerhalb des Unternehmens.

Die Methode zeigt die Interaktion mit dem Produkt / Unternehmen als einen nahtlosen kontinuierlichen Prozess, der aus der Sicht der Anwender unabhängig von internen Geschäftsprozessen und -strukturen des Unternehmens erlebt wird. Diesen auch intern als solchen zu verstehen ermöglicht es, wirklich nutzerzentrierten Produkt- und Service-Landschaften zu schaffen. Dies hilft die Loyalität der Anwender zum Unternehmen und zum Produkt zu sichern.

Eine Customer Journey Map kann auch am Anfang eines internen Umstrukturierungsprozesses stehen, wenn bisherige interne Strukturen nicht die Bedürfnisse der Anwender treffen. So könnte es im o.g. Beispiel notwendig sein die Abteilungen zum Bearbeiten von Social Media Angeboten und die Mitarbeiter der Hotline effektiver zusammen arbeiten zu lassen.

Christina
von Christina Karsten
User Research

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